Dienstag, 10. Juli 2012

Den Bericht musste ich dem ERASMUS-Amt schreiben und hab gedacht, das teilste doch gleich im WWW :)


Erfahrungsbericht Erasmus in Istanbul 2011/12 an der Marmara Universität


Humanmedizin


Ich bin Alex., 24 Jahre alt und studiere normalerweise Medizin an der Uni Bonn. Ich habe mich entschieden für ein Jahr nach Istanbul zu fahren um dort ein Jahr lang im Rahmen des ERASMUS-Programmes zu studieren. Eine gute Entscheidung!

Vorbereitet wurde das ERASMUS-Jahr recht gut durch unsere medizinische Fakultät. Man hat sich beworben, viele Formulare ausgefüllt und seine Motivation dargelegt. Dazu habe ich an der Uni noch einen Türkisch-Kurs absolviert.

Ich bin im September in Istanbul angekommen und bin erst mal für die ersten Tage bei einem Kumpel in seiner Wohnung untergekommen. Mein erstes Ziel war es mir eine Wohnung zu suchen in Kadiköy. Für Kadiköy habe ich mich entschieden weil es zwischen meiner recht weit liegenden Uni und dem pulsierenden Zentrums des europäischen Teils lag. Nebenbei ist Kadiköy ein nettes sauberes Viertel mit Kneipen und jeder Menge Studenten. Nach zwei Tagen intensiver Suche per Internet (craigslist) habe ich eine nette Bleibe gefunden in dem ich mein ganzes Jahr gelebt habe mich drei weiteren ERASMUS-Studenten aus England, Belgien und Tschechien. Ich hatte echt Glück mit meinen Mitbewohnern, wir haben uns gut verstanden und viel miteinander gemacht.

Das Studium an meiner Uni hat mir sehr gut gefallen. Als Medizinstudent im höheren Semester kommt man allerdings nicht in den Genuss einen studentischen Campus zu besuchen, sondern man muss mit einem weit entfernten Krankenhaus vorlieb nehmen. Der Standort war auch der große Nachteil. Wir mussten uns jeden Tag pro Strecke eine Stunde durch den zähen Verkehr der Millionenmetropole Istanbul wälzen. Das Krankenhaus lag in einem recht armen aber interessanten Bezirk Istanbuls, Pendik, direkt neben dem Flughafen Sabiha Gökcen. Unsere Mitstudenten waren alle sehr freundlich und haben uns großartig aufgenommen und hatten großes Interesse an uns. Türkische Gastfreundschaft! Es musste immer viel Zeit am Campus verbracht werden da das türkische System sich nicht so stark an Stundenplänen hält. Die Wartezeit haben wir jedoch gut mit türkischen Tee und Kommilitonen überbrücken können.
Der Unterricht hat zu 80% auf Englisch stattgefunden, die Patientengespräche waren aber selbstverständlich nur auf Türkisch zu meistern oder der Hilfe unserer Türkischen Mitstudenten.
Die Qualtät der Lehre hat mir gut gefallen, ich glaube ich habe vieles gelernt an der Marmara Universität.

Was habe ich alles in der Freizeit getrieben? Nun, Istanbul ist wirklich eine riesige Stadt in der alles möglich ist. Man ist permanent auf Achse, trifft Leute, steckt im Stau, trifft wieder Leute, geht zum Sprachkurs, geht auf Parties und wechselt mehrmals am Tag den Kontinent per Fähre. Ich erinnere mich an ein sehr sehr intensives Jahr mit wenig Schlaf und wunderbaren Eindrücken. Mein Freundeskreis bestand im ersten Semester größenteils aus ERASMUS-Studenten, im zweiten Semester dann aber mehr aus Einheimischen, allein aufgrund der besseren Sprachmöglichkeiten. Leute konnte man immer leicht treffen, dauernd gab es irgendwelche Konzerte oder Treffen. Mal wurde in Moda gekocht, im Cihangir im Park gesessen und später auf der Istiklal gefeiert. Oder wir sind einfach per Fähre zu den nahen Inseln geschippert und haben uns am Strand erholt. Sport habe ich in Istanbul außer tanzen fast nichts gemacht. Dafür umso mehr Trompete gespielt. Ich habe mehrere Bands gefunden in denen ich ab und zu mitgespielt habe. Die Musikszene in Istanbul hat mir sowieso sehr gefallen und überarrascht. Von türkischer traditioneller Musik über Electro bis zu türkischem Ska gibt es alles, ich habe es nicht für möglich gehalten!
Zu meiner Freizeit gehören sicherlich auch die Reisen dich ich in der Region unternommen habe. So habe ich einen Monat in Israel verbracht und habe dort das Land bereist und gleichzeitig eine Famulatur absolviert. Sehr empfehlenswert für Medizinstudenten und ein unheimlich interessantes Land. Mit einem Freund vom Sprachkurs sind wir auch im Süden der Türkei gereist (Hatay, Gaziantep, Mersin, Zypern). Zum Schluss habe ich noch den Osten der Türkei in einer dreiwöchigen Tour bereist und habe so noch eine völlig andere Türkei kennengelernt: völlig menschenleer, sehr konservativ, politisch aufgeladen und fast noch gastfreundlicher und herzlicher.

Fazit?! Macht es! Mir hat es sehr gut gefallen, die Türkei ist ein tolles Land. Besonders für uns Deutsche ist eine interessante Destination um besser um unsere türkischstämmigen Mitbürger verstehen zu können.

Mein bestes Erlebnis? Fang ich mit dem schlechtesten an. Ganz ehrlich, viel schlechtes hab ich nicht erlebt. Nur der Nationalismus mancher Türken hat mich geärgert, aber das war nur eine Randerscheinung einer Minderheit an meiner Universität.

So, jetzt zum besten Erlebnis. Vielleicht die Einladungen meiner türkischen Freunde zu ihren Familien bei denen ich zu Gast war, herzlichst und wie ein Freund bewirtet wurde. Das hat mich wirklich sehr beeindruckt, sowohl kulinarisch als natürlich auch von den Gesprächen in denen wir viel über unsere Kulturen und Leben ausgetauscht haben.
Und zu nennen ist auf jeden Fall auch die Energie die in Istanbul und seinen Bewohnern steckt und zu jeder Zeit auf den Straßen zu platzen scheint. Wahnsinn! Dagegen wirkt sogar Berlin dörflich.

Tipps:

·         Lernt die Sprache, je mehr ihr könnt desto besser wird euch das Jahr gefallen
·         Bereist auch das Hinterland der Türkei (Reiseführer Lonely Planet ist gut)
·         Schlaft euch aus bevor ihr in die Türkei reist! J



Den Rest findet ihr selber viel besser heraus, die Einheimischen fragen, die kennen sich eh am besten aus!

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